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  • Wie wählen Angehörige von Polizei und Militär?

    Von einer Forschungsgruppe um den Professor für Politikwissenschaften Jean-Yves Dormagen vorangetrieben, analysiert das Cluster17-Projekt das Wahl- und das Enthaltungsverhalten in Frankreich nach sozialen Gruppen und Berufen.

    Für ein gewisses Aufsehen hat dabei kürzlich die Analyse der Präferenzen von Polizei und Militär gesorgt, da bei den jüngsten Präsidentschaftswahlen nahezu zwei Drittel der Angehörigen dieser Berufsgruppe die rechtsextremen, rassistischen Kandidatinnen Marine Le Pen und Éric Zemmour gewählt haben sollen. Präsident Emmanuel Macron kam demnach bei Ordnungs- und Streitkräften nur auf 14% der Stimmen — gefolgt von Valérie Pécresse, die sich 2019 mit ihrem Flügel Soyons libres rechts von den rechten Républicains abgespalten hatte.

    Summiert man die Prozentsätze für Le Pen, Zemmour, Pécresse und den rechtspopulisten Dupont Aignan, haben 75% der Polizei- und Militärangehörigen (weit) rechts gewählt.

    Ob es ähnliche Analysen auch für Italien oder gar für Südtirol gibt, weiß ich nicht. Es steht jedenfalls zu vermuten, dass Angehörige von Polizei und Militär in den meisten Ländern politisch deutlich weiter rechts einzuordnen sind als der gesamtgesellschaftliche Durchschnitt.

    Zumindest ein Indiz dafür kann auch die Positionierung von Polizei- und Militärangehörigen sein, die hierzulande in die aktive Politik gewechselt sind. Spontan fallen mir Namen wie Enrico Lillo, Umberto Montefiori oder Antonino Lo Sciuto ein.

    In jedem Fall wäre auch diesbezüglich kritisch zu hinterfragen, inwieweit die Abwesenheit einer Landespolizei nicht auch dazu führt, dass aktiv Menschen nach Südtirol gelockt werden, die bei den staatlichen Ordnungskräften arbeiten und in nicht unerheblichem Maße weit rechte, nationalistische und auch autonomie- bzw. minderheitenfeindliche Positionen vertreten und entsprechende Parteien wählen.

    Nicht zuletzt wäre auch die Tatsache, dass das Land im Tausch für aufgelassene Militärareale Wohnungen für Heeresangehörige baut, unter diesem Blickwinkel zu betrachten.

    Einen zeitlich begrenzten Schutz vor einer möglicherweise einseitigen Beeinflussung von Wahlergebnissen durch Angehörige von Polizei und Militär gewährt immerhin die vierjährige Ansässigkeitsklausel, die manche allerdings lieber heute als morgen abschaffen möchten.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 07 08 09 || 01 02 03



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  • Additive und subtraktive Zweisprachigkeit.

    Schon der Erfinder des Immersionsunterrichts, Wallace »Wally« Lambert (1922-2009) von der renommierten McGill-Forschungsuniversität in Montréal, der die ersten Versuche mit der neuen Methodik in den 1970er Jahren — an der englischsprachigen Schule von Saint-Lambert — wissenschaftlich begleitete und sich über Jahrzehnte weiter mit der Materie beschäftigte, warnte vor den negativen Folgen der Immersion für sprachliche Minderheiten.

    Er sprach in diesem Zusammenhang von additiver und subtraktiver Zweisprachigkeit, wobei letztere dann zu beobachten sei, wenn Mitglieder einer Minderheit bei zunehmender Zweisprachigkeit ihre eigene Muttersprache verlassen, um immer mehr zur Zweitsprache (also zur Mehrheitssprache) zu wechseln.

    Deshalb ist es wohl auch kein Zufall, dass es in Kanada zwar eine französische Immersion für Anglophone, aber keine englische Immersion für Frankophone gibt — so wie der Immersionsunterricht auch in Europa vor allem Angehörigen der nationalen Mehrheitsgesellschaften empfohlen wird (01 02), damit sie eine Minderheitensprache erlernen. Und nicht umgekehrt.

    Übrigens machte Wallace Lambert auch immer wieder darauf aufmerksam, dass die Immersion niemals den Fortschritt in anderen Fächern aufhalten dürfe, wie dies offenbar in Südtirol der Fall ist:

    No time has to be taken from the major task of developing competence in the critical content subjects that make up a solid and demanding educational curriculum. The development of skills in two languages and two cultures need not get in the way of providing a thorough education in science, math, creative language arts, etc.1Wallace E. Lambert, Issues in Foreign Language and Second Language Education, 1990

    Er betonte ferner die enorme Wichtigkeit einer dauerhaften, nahen und akribischen wissenschaftlichen Begleitung und Evaluation jedes einzelnen Immersionsprojekts. Auch damit nimmt es Südtirol leider nicht so ernst.

    Zwei Wissenschafter der Universität Moncton (New Brunswick), Rodrigue Landry und Réal Allard, gingen in einer Studie, die sie in mehrheitlich anglophoner und mehrheitlich frankophoner Umgebung in Kanada durchführten, auf die Entwicklung der sogenannten additiven und subtraktiven Zweisprachigkeit ein. Die Ergebnisse stellten sie in Ethnolinguistic Vitality and the Bilingual Development of Minority and Majority Group Students (1992) vor, wo sie beschreiben, dass die L2-Leistungen der Frankophonen mit abnehmender Vitalität der Erstsprache (Französisch) steigen, wobei bessere Kenntnisse der Zweitsprache (Englisch) zu einem subtraktiven Bilingualismus führten. Letzterer wirke sich nicht nur — wie vermutet — auf Sprachkompetenz und Sprachverhalten aus, sondern auch durch die Schwächung der ethnolinguistische Identität (ergo Assimilation).

    Individuum und Gesellschaft seien in Vergangenheit typischerweise unabhängig als isolierte Facetten des Zweisprachigkeitsphänomens analysiert worden. Es sei jedoch wichtig, die sogenannte Makro-Mikro-Dichotomie zu erforschen.

    Dabei sei der Weg zur Erlangung einer additiven Form von Zweisprachigkeit für Mehrheits- und Minderheitengruppen jeweils unterschiedlich. Nur für Individuen, die der (anglophonen) Mehrheit angehören, sei die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass Kontakte mit der Zweitsprache zu additivem Bilingualismus führen. Für Individuen der Minderheit sei hingegen ein starkes L1-Umfeld in Schule und Familie ausschlaggebend, damit sich die Zweisprachigkeit additiv und nicht subtraktiv entwickelt und die Identität der Minderheit nicht kippt.

    In der wissenschaftlichen Literatur zur Zweisprachigkeit sei bekannt, dass die meisten Individuen einer Minderheitengruppe die Mehrheitssprache erlernen und zweisprachig werden, während dies umgekehrt in deutlich geringerem Maße der Fall sei. Die Erlernung der Mehrheitssprache sei aber häufig nur ein Zwischenschritt hin zur Assimilierung oder wenigstens zur Schwächung der Erstsprache (also der Minderheitensprache). Angehörige von Minderheiten hätten insbesondere durch muttersprachliche Schulen Zugang zu additivem Bilingualismus.

    Ihre Erkenntnisse vertief(t)en und verfeiner(te)n Landry und Allard bis heute weiter, indem sie etwa der Frage nachgingen2Rodrigue Landry, Réal Allard, Kenneth Deveau, Sylvain St-Onge, Minority Language Learning and Use: Can Self-Determination Counter Social Determinism? (2021), DOI: 10.1177/0261927X211041153, ob Minderheiten durch eigenes Zutun (sogenannte Selbstbestimmung) die negativen Auswirkungen objektiver Faktoren wie einer allfälligen begrenzten ethnolinguistischen Vitalität bekämpfen können. Auch diesbezüglich kommt jedoch der (einsprachigen) minderheitensprachlichen Schule eine wichtige Rolle zu.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 || 01 02 03 04 05

    • 1
      Wallace E. Lambert, Issues in Foreign Language and Second Language Education, 1990
    • 2
      Rodrigue Landry, Réal Allard, Kenneth Deveau, Sylvain St-Onge, Minority Language Learning and Use: Can Self-Determination Counter Social Determinism? (2021), DOI: 10.1177/0261927X211041153


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  • Österreich verabschiedete Srebrenica-Resolution.

    Einstimmig beschloss der Nationalrat in Wien am 7. Juli einen Vier-Parteien-Entschließungsantrag (Grüne, ÖVP, SPÖ, neos) zum Gedenken an den Völkermord in Srebrenica. Darin beauftragt das Parlament die Bundesregierung, sich gemeinsam mit den anderen EU-Mitgliedstaaten, unter anderem im Rahmen der Vereinten Nationen, auch weiterhin für das Gedenken an diesen Genozid einzusetzen.

    Mit der Resolution wird an die Massaker und ethnischen Säuberungen erinnert, die während des Bosnienkriegs in und um Srebrenica stattgefunden haben. Über 8.000 Bosniaken — muslimische Männer und Buben, die im der UNO unterstehenden Gebiet Schutz gesucht hatten — waren dabei zwischen dem 11. und 15. Juli 1995 von Truppen der bosnischen Serben umgebracht, rund 30.000 Frauen, Kinder und alte Menschen in einer ethnischen Säuberungsaktion vertrieben worden.

    Sowohl der Internationale Gerichtshof als auch das Internationale Strafgericht für das ehemalige Jugoslawien haben die Straftaten in Srebrenica als Völkermord qualifiziert.

    Im Juli 2015 genehmigte das EU-Parlament 20 Jahre nach dem Massaker eine starke und weitreichende Resolution zu dem Genozid.

    In der nun vom österreichischen Nationalrat verabschiedeten Entschließung werden das Massaker und die ethnische Säuberung zudem als die schwersten Kriegsverbrechen in Europa seit Ende des Zweiten Weltkriegs bezeichnet.

    Eine Verurteilung des Genozids durch den UNO-Sicherheitsrat scheiterte 2015 an einem russischen Veto.

    Cëla enghe: 01 02



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  • Die nächste Regierungskrise.

    Die italienische Politik ist jenes wenig erbauliche Schauspiel, das sich uns in der kurzen Zeit zwischen einer Regierungskrise und der nächsten bietet.

    Wie heißt es so schön? »Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.« Doch wieder werden sich mit Sicherheit Millionen, so sie vom selbstsüchtigen Verhalten einiger Politikerinnen noch nicht in die innere Emigration getrieben wurden, einen ganz neuen Bären aufbinden lassen. Ihre fast schon blauäugige Begeisterungsfähigkeit ist auf ihre Art beneidenswert.

    Dabei wäre aber, falls es zu Neuwahlen kommt — angesichts der Umfragewerte von FdI — keine Veränderung sogar schon die optimistische Hoffnung.

    Disruptive Visionen, wie jene in Schottland, wo aus dem Regierungschaos in London die Kraft für einen neuen Vorstoß in Richtung eines eigenständigen Neustarts geschöpft wird, haben derweil hierzulande keinen guten Stand. Lieber wird resigniert weitergewurschtelt — und das, obschon wir Herausforderungen gegenüberstehen, die ein solches Zögern als den eigentlichen Wahnsinn erscheinen lassen.

    Cëla enghe: 01 02 03 04



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  • Esiti migliori se medico e paziente condividono la madrelingua.

    Sono appena stati pubblicati sul Canadian Medical Association Journal (Vol. 194, n. 26, 11 luglio 2022) i risultati di una ricerca scientifica sugli effetti della concordanza linguistica tra pazienti e medici su qualità e sicurezza della cura.

    Analizzando un campione di ben 189.690 pazienti anglofoni, francofoni e allofoni ammessi in un ospedale dell’Ontario dal 2010 e il 2018, gli autori dello studio sono giunti alla conclusione che i pazienti francofoni e allofoni in questa provincia canadese maggioritariamente anglofona dimostrano un rischio sensibilmente minore di effetti collaterali e di decesso in ospedale, oltre a far segnare una permanenza ospedaliera mediamente più breve, se sono seguiti da personale medico che ne parla la stessa lingua primaria. Ciò vale a maggior ragione se si tratta di pazienti fragili, ad esempio di età avanzata.

    Non sono invece state riscontrate differenze significative una volta che i pazienti sono stati dimessi dall’ospedale. La quota di pazienti che hanno dovuto ricorrere nuovamente al pronto soccorso, riammessi in ospedale o deceduti nei primi 30 giorni dopo aver lasciato una struttura ospedaliera è simile tra coloro che in precedenza erano stati trattati da medici che parlavano la loro stessa madrelingua e coloro che no.

    Gli autori della ricerca spiegano che il minor rischio di decesso o di incorrere in effetti collaterali può essere ricondotto alla migliore possibilità di comprendere dettagliatamente i sintomi e di ottenere un quadro completo sullo stato di salute dei pazienti, così da aumentare precisione e tempestività delle diagnosi. I medici che non sono in grado di comunicare in modo così effettivo con i pazienti tenderebbero a realizzare un maggior numero di accertamenti (spesso superflui) che possono aumentare il rischio di effetti indesiderati e prolungare la permanenza in ospedale. Inoltre, una comunicazione chiara ed efficiente migliorerebbe il comportamento collaborativo e l’impegno proprio dei pazienti nelle cure. Non ultimo, gli autori fanno notare che i risultati della ricerca potrebbero essere dovuti, almeno in parte, anche alla minore differenza culturale tra medici e pazienti che parlano la stessa lingua.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 07 08 || 01 02 03 04



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  • Università: Rigidità medievale del tutto antistorica.
    Quotation

    Ogni ri-ordino [dei corsi universitari] va fatto per gradi, compatibilmente con il sistema italiano che ha una rigidità medievale del tutto antistorica e contraddittoria rispetto a come vanno le cose nel mondo.

    Paolo Lugli, rettore uscente dell’Università di Bolzano, intervistato da Fabio Gobbato per Salto

    Da aggiungere alla lista delle cose che sarebbe molto facile far meglio se il Sudtirolo fosse indipendente (o se avessimo una vera autonomia).

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 07



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