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  • Nachhaltige Rüstungsindustrie.

    Bald könnte die EU-Kommission fossiles Gas und sogar Atomkraft als nachhaltig und grün einstufen — warum dann nicht auch gleich die Rüstungsindustrie? Was wie eine sarkastische Überspitzung klingt, hatte der teilstaatliche italienische Konzern Leonardo kurz vor Weihnachten tatsächlich vorgeschlagen.

    Meldung der Nachrichtenagentur Reuters

    Schlagendes Argument: Wenn die Verteidigungsindustrie auf die Bösenliste gesetzt werde, würden die Investitionen anderswohin gehen. Wie schade. Und ohnehin könne man zwar eine gesunde Umwelt ohne CO2 haben, doch das nütze bei Terrorgefahr auch nichts mehr.

    Merke: Das T-Wort lässt Waffen grün aussehen.

    Unverständlicherweise ließen sich EU-Regierungen und Kommission offenbar trotzdem nicht überzeugen — und das, obschon Leonardo laut ICAN auch an der Entwicklung von Atomwaffen beteiligt ist, die sicher fast genauso nachhaltig sind wie Atomstrom.

    Wenigstens wird jetzt auch den letzten Skeptikerinnen klar sein, warum Ministerpräsident Mario Draghi ausgerechnet Leonardo-Mann Roberto Cingolani zum Minister für den ökologischen Übergang ernannt hat. Die italienische Rüstungsindustrie hat eben mit nachhaltigen Technologien viel Erfahrung.

    Cëla enghe: 01 02



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  • Minorities and the oppressing freedom.
    Quotation

    [T]he classical liberal response to the problem of language minorities has been to practice benign neglect, that is, to allow any group to organise their group life in the language that they choose. Since the language of the institutions and forums of the state results of past or present power, benign neglect must always be a reinforcement of that power. Together with blindness to group difference it favours the majority because it encourages a default language, which is always that of the majority.

    Laissez-faire policies mean that the languages of power and prestige will eventually take over in all situations of contact. Benign neglect, and the accompanying claim of blindness to group difference, are always de facto support for the language of the group that is already dominant and, if this is not acceptable, then there must be some form of protection for the language of minority groups. As the French revolutionary, Lacordaire, pointed out, where no law constrains, the rule of might prevails:

    Entre le fort et le faible, entre le riche et le pauvre, entre le maître et le serviteur, c’est la liberté qui opprime et la loi qui affranchit. [Between the strong and the weak, between the rich and the poor, between the lord and the slave, it is freedom which oppresses and the law which sets free.]

    Sue Wright (University of Portsmouth, UK), Language Policy and Language Planning – From Nationalism to Globalisation, 2nd edition, Palgrave Macmillan 2016 (Lacordaire translation added by )

    See also: 01 02 03 04 05 || 01 02 03



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  • Einträgliche Kriegsindustrie.
    Iveco Defence Vehicles

    Die Rüstung ist eine enorme, wahnsinnige Gelddruckmaschine — auch in Südtirol, wo sich der weltweite Hauptsitz von Iveco Defence Vehicles (IDV) befindet. Dort konnte im soeben abgelaufenen Jahr die Produktivität derart gesteigert werden, dass im Februar allen Angestellten ein steuerlich begünstigter Bonus von rund 600 bis 1.000 Euro winkt. Dies berichtet der Corriere in seiner heutigen Südtirolbeilage.

    In Zeiten wie diesen, wo die Nato auf der einen und Russland auf der anderen Seite die Muskeln spielen lassen und Europa bald erneut in einem verhängnisvollen Krieg versinken könnte, hat diese Nachricht einen besonders dumpfen Klang. Die Russische Föderation gehört dabei genauso zu den Abnehmern von IDV-Militärfahrzeugen wie einige Nato-Mitgliedsstaaten.

    Im Jahr 2016 hatte Hans Heiss (Grüne) versucht, mit einer Landtagsanfrage (2239/16) Informationen über den Rüstungskonzern in Erfahrung zu bringen. Auskunft gab es jedoch keine, das Land hat keinen Einblick.

    Auf eine frühere Anfrage (466/14) von Alessandro Urzì (AAnC, heute FdI), der nicht weniger als einen Ausbau der Rüstungsindustrie in Südtirol angeregt hatte, gab Arno Kompatscher im September 2014 bekannt, dass das Land die Rüstungssparte von Iveco seit 2004 mit über 600.000 Euro gefördert hatte. Die wirtschaftliche Bedeutung von IDV beschrieb der LH damals als »sehr groß, sowohl in Bezug auf die Beschäftigung, als auch den Mehrwert und die Kompetenzen betreffend.« Ein kritisches Wort zur kriegsrelevanten Rolle des Unternehmens war nicht zu lesen.

    Cëla enghe: 01 02



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  • eGovernment: Kleine Staaten vorn.

    Im November hat die EU-Kommission das eGovernment Benchmark 2021 veröffentlicht, das von Capgemini, dessen Schwesterunternehmen sogeti, der International Data Corporation und dem Mailänder Polytechnikum in ihrem Auftrag erarbeitet wurde.

    Das Gesamtergebnis sieht Malta (Performance: 96%) vor Estland und Dänemark an der Spitze, Österreich schafft einen beachtlichen sechsten Platz, während Italien (21.) und Deutschland (24.) weit abgeschlagen sind.

    Wie in vielen anderen Bereichen sind es auch bei der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung offenbar vor allem kleine Staaten, die die Entwicklung prägen und Maßstäbe setzen: In den Top Ten gibt es keinen Staat mit mehr als 20 Millionen, dafür aber acht mit unter zehn Millionen Einwohnerinnen. Malta, Luxemburg und Island zählen sogar — wie Südtirol — nur wenige Hunderttausend.

    Untersucht wurden die vier Dimensionen Benutzerzentrierung, Transparenz, Schlüsseltechnologien (wie eID oder digitale Post) und grenzüberschreitende Dienste sowie konkrete Dienstleistungen in acht Lebensbereichen (wie Familie, Studium oder Firmengründung).

    Cëla enghe: 01 02 03 | 04 05 06 || 01



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  • Unwissen rechtfertigt Intoleranz nicht.

    Ich komme noch einmal auf den Angriff auf Julia Unterberger (SVP) zurück, weil ich im Netz zum wiederholten Mal auf einen Kommentator gestoßen bin, der den Vorfall als ein Symptom von (erschreckender) Unwissenheit über Südtirol und die Mehrsprachigkeit hier einordnet. Viele Italienerinnen könnten unser Land nicht einmal vom Trentino unterscheiden, heißt es.

    Mag alles sein, trotzdem halte ich das für ein total falsches Framing. Man muss nämlich nicht über die hiesige Situation informiert sein, um auf ein Interview in einer anderen Sprache als Italienisch nicht mit Ausfälligkeiten zu reagieren. Toleranz heißt nicht nur, ein Interview in einer geschützten Minderheitensprache zuzulassen, sondern ganz grundsätzlich das Andere. Eine Senatorin beliebiger Herkunft, die mit einem beliebigen Sender in einer Sprache ihrer Wahl ein Gespräch führen will, hat von niemandem angepöbelt zu werden, schon gar nicht von einem Journalisten.

    Ohnehin wage ich es aber zu unterstellen, dass Frau Unterberger nicht aus Unwissenheit, sondern wennschon genau deshalb angegriffen wurde, weil der Herr wusste, dass sie Südtirolerin ist und in Südtirol Deutsch gesprochen wird. Eine Senatorin aus Florenz, die einem ausländischen Medium ein Interview auf Deutsch (oder meinetwegen Englisch) gegeben hätte, wäre eher nicht derart angegangen worden.



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  • Kollektivverträge: Zentralistische Gewerkschaften.
    Quotation

    Das Handwerk — gemeinsam mit den zwei Verbänden LVH und auch dem italienischen CNA — ist an die Gewerkschaften herangetreten und hat gesagt: »Wir wollen uns vom nationalen System des Kollektivvertrages abkoppeln«. Und wir wissen, wir haben in Südtirol nicht nur den ASGB, sondern wir haben drei weitere Gewerkschaften und wir fanden mit diesem Vorschlag keine Mehrheit. Ich will es hier sagen: Der ASGB hat das unterstützt, leider die anderen nicht — und wir müssen uns auch in Südtirol mehr getrauen, weil es geht ja nicht nur um den Lohn, sondern auch um andere wichtige Elemente in einem Kollektivvertrag. Und das ist wichtig, [denn] wir haben in Südtirol eine andere Situation.

    LVH-Präsident Martin Haller beim gestrigen Pro & Contra auf Rai Südtirol im Gespräch mit dem ASGB-Vorsitzenden Tony Tschenett – Transkription von mir

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05



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  • Verfälschte Stolpersteine.
    Meran

    In letzter Zeit beschäftigt sich Markus Lobis eigenen Angaben zufolge intensiv mit der Operationszone Alpenvorland, in deren Rahmen es in Südtirol zu Verfolgung und Deportation jüdischer Mitbürgerinnen gekommen ist.

    Dabei weist er unter anderem darauf hin, dass in Meran bei der Konzeption und Verlegung der sogenannten Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig eine »historische Unkorrektheit« begangen worden sei, die die darauf angeführten Menschen doppelt zu Opfern mache. Bei der Vorbereitung der Verlegung hätten die Initiatorinnen in fast allen Fällen die von Amts wegen italianisierten Vornamen der Meraner Jüdinnen aufgeschrieben worden, die dann auch so auf den Stolpersteinen aufscheinen.

    Wie vielen anderen Südtirolerinnen seien diese Namen auch ihnen

    vom rassistischen und totalitären faschistischen Regime aufgezwungen [worden], das die Listen mit den in Meran lebenden Jüdinnen und Juden akribisch genau führte und somit auch die Vorarbeit für das SOD-Kommando leistete, das die Deportationsaktion am 15./16. September 1943 durchführte.

    Markus Lobis

    In einer begleitenden Publikation von 2013 seien bei der Wiedergabe der Opferbiographien sogar die Namen ihrer Vorfahren italianisiert, von denen die meisten vermutlich nicht in der Zeit des Faschismus in Italien gelebt haben. Lediglich auf der Webseite des Projekts — deren Internetadresse übrigens den von den Faschistinnen aufgezwungenen Stadtnamen führt — scheinen laut Markus Lobis die richtigen Namen der Meraner Opfer auf.

    Seinem Aufruf, die historische (Ver-)Fälschung zu beseitigen, kann ich mich nur anschließen. Schließlich ist ein Hauptsinn des Stolpersteinprojekts der, der Opfer des Nationalsozialismus zu gedenken. Dies mit Namen zu tun, die ihnen von ihren Peinigerinnen (bzw. deren Verbündeten) aufgezwungen worden waren, ist völlig absurd und liefert sie ihnen auch noch im Gedenken aus.


    Nachtrag vom 3. Februar 2022: Wir haben einen Hinweis auf die Webseite der Jüdischen Gemeinschaft von Meran bekommen, wo die einzelnen Stolpersteine beschrieben werden. Zwischen dem was auf den Messingplatten und in der Erläuterung auf der Webseite steht, gibt es dabei mitunter große Unterschiede. Nicht nur die Namen unterscheiden sich, sondern teils auch die Angaben zu Datum, Ort und Umständen von Deportation und Ermordung.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 | 05



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