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  • Italienische Kennzeichen-Schikane EU-vertragswidrig.

    Auch aufgrund persönlicher Betroffenheit habe ich mit ganz besonderer Genugtuung erfahren, dass der EuGH die hanebüchene italienische Regelung zur Nutzung im Ausland zugelassener Fahrzeuge als rechtswidrig eingestuft hat. Die Einschränkungen waren von Innenminister Matteo Salvini (Lega) vorgeschlagen und im Rahmen der Regierung Giuseppe Conte 1 eingeführt worden.

    Zu einem Fall, der ihnen vom Friedensgericht Massa vorgelegt wurde, beschieden die europäischen Richterinnen, dass Einschränkungen von Grundfreiheiten zwar grundsätzlich zulässig seien, aber unter anderem einer guten Begründung bedürften und verhältnismäßig sein müssten.

    Pauschal davon auszugehen, dass Personen, die ein im EU-Ausland zugelassenes Fahrzeug führen, Steuern und Abgaben bzw. Mautgebühren hinterziehen oder sich im Fall von Verstößen gegen die Verkehrsordnung ihre Identifizierung erschweren wollen, sei unzulässig. Letzteres von Italien vorgebrachte Argument hielten die Richterinnen zudem für gar nicht nachvollziehbar.

    Dass Fahrzeughalterinnen durch die Nutzung eines im Ausland zugelassenen Fahrzeugs vorteilhaftere Versicherungsprämien in Anspruch nehmen könnten, sah der EuGH im Sinne des Allgemeininteresses als unproblematisch an — und hielt zudem fest, dass auch eine Verringerung der Steuereinnahmen per se nicht als hinreichende Begründung für die Einschränkung von Grundfreiheiten gelten könne.

    Somit stehe die pauschale Regelung, wonach Personen, die ihren Wohnsitz seit über 60 Tagen in Italien haben, kein Fahrzeug mit ausländischem Kennzeichen führen dürfen, im Widerspruch zum AEU-Vertrag (Vertrag über die Arbeitsweise der EU, Art. 63, Absatz 1).

    Statt des Generalverdachts müssten Gerichte im Einzelfall bewerten, ob ein in einem anderen Mitgliedsstaat zugelassenes Fahrzeug »im Wesentlichen dauerhaft in Italien benutzt werden soll oder tatsächlich so benutzt wird«. Die Beweislast liegt beim Staat; die Bewertung lediglich an einer allgemeinen Frist festzumachen, ist hingegen unzulässig.

    Interessant ist übrigens auch, dass Landesrat Daniel Alfreider (SVP) die absurde italienische Regelung, die nun in ihrer Anwendung als rechtswidrig eingestuft wurde, in Beantwortung einer Landtagsanfrage der STF verteidigt und gerechtfertigt hatte.

    Glücklicherweise gibt es eine europäische Justiz, die uns vor einigen Schikanen dieses Staates schützt. Leider dauert dies (wie auch im vorliegenden Fall) oft Jahre, in denen wir die rechtswidrigen Normen erdulden müssen. Ob sich Italien dem Gerichtsentscheid anpasst oder nicht, bleibt ebenfalls noch abzuwarten.

    Hinweis: Betrachten Sie diesen Beitrag bitte nicht als Rechtsauskunft. Informieren Sie sich bitte stets aktuell über die geltenden gesetzlichen Bestimmungen.

    Cëla enghe: 01 02 03 || 01



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  • Unterberger muss sich für Deutsch rechtfertigen.
    Interview in Rom

    Die Romkorrespondentin von Rai Südtirol, Ulrieke van den Driesch, wollte am gestrigen Nachmittag mit SVP-Senatorin Julia Unterberger ein Interview in deutscher Sprache führen. Vor dem Quirinalspalast versammelte italienische Journalisten begegneten diesem Ansinnen mit Intoleranz — und brachten ihr Missfallen unter anderem mit einem Siamo in Italia zum Ausdruck.

    Unterberger musste um etwas Rücksicht bitten und darauf hinweisen, dass Italien auch Südtirol umfasst, bevor das Interview geführt werden konnte.

    Rai Südtirol hat die Aufnahme des Zwischenfalls veröffentlicht. Darauf ist zu sehen, mit wie viel Selbstsicherheit und auch Selbstverständlichkeit die übergriffigen Äußerungen getätigt wurden, als wären sie völlig normal.

    Vor einigen Jahren war Senator Hans Berger (SVP) ebenfalls attackiert worden, weil er öffentlich Deutsch gesprochen hatte. Doch auch Südtiroler Spitzensportlerinnen sehen sich beispielsweise immer wieder mit ähnlichen Angriffen (01 02) konfrontiert.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 || 01 02 03 04 05



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  • Amato sitzt Verfassungsgericht vor.

    Während Italien mit einer nicht mehr enden wollenden Prozedur zur Ernennung des Staatspräsidenten beschäftigt war, wurden Franco Frattini zum Staatsratsvorsitzenden und nun Giuliano Amato zum Präsidenten des Verfassungsgerichts gewählt.

    Der bald 84-Jährige war schon Vizeparteisekretär der PSI unter dem korrupten Bettino Craxi, natürlich Senator und Kammerabgeordneter, zweimal italienischer Regierungschef, zudem Minister (unter anderem des Innern) und seit 2013 Verfassungsrichter. Zwischen 2007 und 2008 war er auch im PD.

    Zwar ist das Verfassungsgericht nicht Teil der Judikative im engeren Sinne, trotzdem ist diese Kontinuität zwischen politischen Spitzenämtern und der Rolle als Verfassungsrichter recht erstaunlich.

    Aus Südtiroler Sicht ist unter anderem interessant, dass Amato sich 2006 als Innenminister die Rhetorik von Alleanza Nazionale zueigen gemacht und behauptet hatte, die zu schützende Minderheit in Südtirol sei die italienische. Dies widerspricht jeder sinnvollen Definition von Minderheit und deckt sich mit Positionen, die heute etwa von der rechtsradikalen FdI vertreten werden.

    Menschen mit einer solch absurden und minderheitenfeindlichen Meinung fällen dann — unanfechtbare! — Urteile auch zur Südtirolautonomie, weil es ein gleichberechtigtes Schlichtungsgremium oder ein Landesverfassungsgericht bis heute nicht gibt.

    Beim Staatsrat, dem nun der ehemalige Busenfreund von Michaela Biancofiore (beide ehemals FI) vorsitzt, ist wenigstens vorgesehen, dass bei Fällen, die unser Land betreffen, auch eine Südtiroler Richterin anwesend sein muss. Beim Verfassungsgericht nicht einmal dies.

    Cëla enghe: 01 || 01 02



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  • Süd- ist (nicht) Tirol.
    Quotation

    Sie kommen aus Tirol, haben aber auch eine spezielle Verbindung nach Südtirol…

    […] rein so von Wetter, Landschaft und Essen ist Südtirol schon der schönste Teil von Tirol. […]

    Aus dem StolInterview mit ORF-Journalist Armin Wolf

    Cëla enghe: 01



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  • EUSALP-Vorsitz geht auch anders.
    Südtirol und Trentino vs Nord-/Osttirol

    Gestern hatte ich darauf aufmerksam gemacht, wie sehr nationalistisch gefärbt der EUSALP-Vorsitz der (autonomen) Länder Südtirol und Trentino ist.

    Logo EUSALP-Vorsitz Südtirol und Trentino

    Schon das Logo macht deutlich, dass es hier vordergründig um Italien geht, in dessen Namen und unter dessen Aufsicht der Vorsitz von zwei peripheren Provinzen geführt wird. Im einschlägigen Präsentationsvideo wurden nur die italienischen Mitgliedsregionen von EUSALP berücksichtigt — und das Motto (e di là uscimmo a riveder le stelle) der Präsidentschaft ist einsprachig italienisch.

    Dass es keineswegs so sein muss, zeigt ein Blick zurück auf den EUSALP-Vorsitz des (nicht autonomen) Landes Tirol von 2018.

    Gegenüberstellung Präsidentschaftslogos

    Grafische Gestaltung EUSALP-Vorsitz Nord-/Osttirol

    Nord- und Osttirol kamen ohne Verweis auf Österreich und ohne Rotweißrot aus, stattdessen setzte man auf stilisierte Berge und teilweise auf den Landesadler als regionales Symbol.

    Ausschnitt Präsentationsvideo EUSALP-Vorsitz Nord-/Osttirol

    Im Präsentationsvideo war nicht etwa nur von den österreichischen EUSALP-Regionen die Rede, sondern von 48 Regionen in 7 Staaten, die ein gemeinsames Ziel verfolgen. Genauso stammen die im Kurzfilm gezeigten Bilder von überall her — auch Bozen ist kurz zu sehen.

    Dies beweist, dass die eingeschränkte nationale Ausrichtung der Präsidentschaften keineswegs vorgegeben ist. Vielmehr sind es zentralistisch ausgerichtete Länder wie Italien und Frankreich, die sie so interpretieren, obschon es sich bei EUSALP um ein dezidiert regionales und grenzüberschreitendes Projekt handelt.

    Was sympathischer, weniger provinziell und weltoffener wirkt — der italienische Nationalismus oder der (Nord-/Ost-)Tiroler Regionalismus — soll natürlich jede selbst beurteilen. Von einer selbstbewussten Autonomie zeugt die Symbolik um den Vorsitz von Südtirol und Trentino jedenfalls nicht.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 || 01



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  • Cesare Battisti und die Brennergrenze.

    Vor wenigen Tagen bin ich zufällig wieder auf einen älteren SaltoBeitrag von Giuseppe Matuella (2016) gestoßen, in dem er die Position von Cesare Battisti zur Annexion Südtirols durch Italien ausführt. Es handelt sich dabei um eine Antwort auf Vincenzo Calì, der zuvor behauptet hatte, in Südtirol werde bewusst verschwiegen, dass der Trentiner Irredentist Italien an der Sprachgrenze und somit bei Salurn hätte enden lassen wollen.

    Tatsächlich finde ich jedoch, dass dies in Südtirol nicht nur nicht unterschlagen, sondern noch immer von vielen für die Wahrheit gehalten wird.

    Anhand mehrerer Zitate — darunter Zeitungsartikel, aber auch Briefe an den italienischen König oder an Ettore Tolomei — versucht Matuella nachzuweisen, dass Battisti eben nicht bis zuletzt ein sogenannter Salurnist war. Vielmehr habe er, sobald er sich durch Umsiedelung nach Italien in Sicherheit gebracht hatte, ganz andere Positionen vertreten.

    Da ist von einem Italien in seinen natürlichen Grenzen, von Grenze am Alpenhauptkamm, von Vetta d’Italia und Alto Adige die Rede. Tolomei schrieb er demnach im Oktober 1914:

    Seien Sie beruhigt. Ich bin keineswegs ein Salurnist.

    – Cesare Battisti

    Dass diesem Herrn in Südtirol nicht nur eine Büste am faschistischen Siegesdenkmal, sondern auch nach wie vor zahlreiche Straßennamen gewidmet sind, sollte man in diesem Lichte vielleicht überdenken.

    Giuseppe Matuella ist unter anderem Autor von Cesare Battisti: 10 luglio 1916, una fine cercata und Cesare Battisti: il Tirolo tradito
    Vincenzo Calì ist ehemaliger Direktor des Museo Storico di Trento und Kurator des Cesare-Battisti-Archivs

    Cëla enghe: 01 02 || 01



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