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  • Galateo weigert sich, den Faschismus zu verurteilen.

    Der Landtagsabgeordnete, derzeitige Landtagsvizepräsident und LH-Stellvertreter in spe Marco Galateo (FdI) war vergangenen Donnerstag bei Agenda33 auf VB33 zu Gast. Dort bezeichnete er die Italienerinnen in Südtirol ausdrücklich als eine benachteiligte Minderheit, die sich »unterjocht«1it: »sopraffatto« fühle. Darauf führt er unter anderem auch die — im Vergleich zu den Deutschsprachigen — geringere Wahlbeteiligung zurück, obwohl das wenig Sinn ergibt, da die Zahlen im Trentino ähnlich waren. Zum wiederholten Mal drohte er zudem den Gegnerinnen einer Koalition von SVP und Rechtsextremen mit einer SLAPP-Klageflut.

    Von Gastgeber Argentino Serraino wurde Galateo aber auch gefragt, wie er zum Faschismus steht. Ganz nach Schema F (der Schenkelklopfer sei mir verziehen) wand sich Galateo dabei wortreich und bis zur Verrenkung um eine Verurteilung dieser menschenverachtenden Ideologie herum und schaffte noch nicht einmal eine milde persönliche Distanzierung. Darin unterscheiden sich die lokalen Koalitionspartner der SVP also — trotz der leidvollen Geschichte dieses Landes und der heutigen Minderheitensituation — keineswegs von der staatsweiten Parteiführung.

    Im Wortlaut:

    Argentino Serraino: E quindi, giusto per chiarire, Lei come descriverebbe il fascismo? Fa fatica a definirsi antifascista?

    Marco Galateo: Ma, vede, io non voglio essere anti-qualcosa. Io sono nato nel ’79, il fascismo era caduto da trent’anni, sono cresciuto con il culto della libertà. Quindi io credo che se noi ci concentriamo su terminologie o pensieri «anti», «contro», «no», questo non fa bene. Noi dobbiamo essere propositivi e nella propositività ho giurato fedeltà alla Costituzione, Fratelli d’Italia ha nel suo statuto il concetto di libertà. Ma attenzione, siamo contro tutti i totalitarismi, non solo contro alcuni. Perché è un po’ facile dire di essere… di chiedere patenti di antifascismo, antinazismo, antirazzismo. Però quando parliamo, io dico… va bene, non c’è problema, abbiamo depositato noi un disegno di legge in Regione Trentino-Alto Adige per condannare tutti i totalitarismi, tutte le forme di violenze, tutte le forme di terrorismo, anche quelle altoatesine. Non tutti erano d’accordo a condannare il comunismo o a condannare il terrorismo altoatesino.

    A.S.: Però comunque non si definisce, quindi, antifascista?

    M.G.: Non ce n’è bisogno.

    A.S.: Però senza voler rimarcare, diciamo, una differenza… una lontananza dalle accuse che vengono mosse a Fratelli d’Italia, non si potrebbe semplicemente dire «sì, siamo antifascisti anche noi, basta, continuiamo…»

    Io non ho bisogno di chiedere scusa per qualcosa che non ho fatto, non ce n’è bisogno. Dovrebbero chiedere scusa tutti gli italiani, dovrebbero tutti gli italiani dichiararsi anti-tutto, e invece non dobbiamo dichiararci anti-qualcosa, dobbiamo dichiararci a favore. E quando io dico che giuro fedeltà alla Costituzione, vuol dire che io giuro fedeltà alla libertà, al rispetto dell’individuo, alla pari dignità. Per chi mi conosce, anche il tema, diciamo, del rispetto delle regole. Dico: le regole, se non sono giuste, dobbiamo rivederle, il legislatore deve rivederle, no? Quindi un approccio totalmente liberale, sia nel mondo delle istituzioni e anche poi, però, nel mondo reale.

    Transkription von mir

    Der Widerspruch könnte größer kaum sein: Galateo rühmt sich, im Regionalrat eine (hinterfotzige) Vorlage zur Verurteilung sämtlicher Totalitarismen, sämtlicher Formen von Gewalt und sämtlicher Formen von Terrorismus eingebracht zu haben. Doch wenn es konkret um den Faschismus geht, ist plötzlich jedwede Distanzierung und Verurteilung überflüssig. Dann wird darauf hingewiesen, dass man nicht gegen, sondern für etwas sein müsse.

    Abschließend zu Femiziden und Patriarchat befragt, schoss Galateo gleich noch eine rassistische Aussage hinterher, bei der es mir kalt den Rücken herunterläuft: Ums Patriarchat gehe es doch ohnehin nur, wenn der Mörder ein weißer Italiener sei. Es handle sich aber nicht sosehr um ein Problem der Männer, sondern — Achtung — um eins der Generationen. Und Gewalt dürfe nie geduldet werden, auch nicht die verbale. Damit schlug er ausdrücklich einen Bogen zu den Gegnerinnen der unheilvollen Koalition mit seiner Partei, die persönlich angreifen statt auf Argumente eingehen würden.

    Kann man noch skrupelloser sein?

    Cëla enghe: 01 02 03 || 01 02 03 04 05 06 07 08

    • 1
      it: »sopraffatto«


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  • Galateo verklagt alles und jede.

    Wie die TAZ verständnisvoll und rechtfertigend berichtet, will Antifaschist Marco Galateo (FdI) nun jede verklagen, die nicht bei drei auf den Bäumen ist. Oder fast. An den Kragen gehen soll es nämlich all denen, die ihn oder seine Partei politikwissenschaftlich korrekt einordnen. Er möchte also verhindern, dass eine politische Kraft, die die Flamme auf Mussolinis Sarg im Symbol trägt und sich nie ausdrücklich vom Faschismus distanziert hat — bzw. ein Politiker, der mit der neofaschistischen CasaPound gemeinsame Sache gemacht, heiter mit der Rizinusölflasche gewedelt und einen Kreuzzug gegen Regenbogenflaggen geführt hat —, als das bezeichnet werden, was sie sind. Das ist verständlich. Wer möchte schon gerne als rechtsextrem, rassistisch oder homophob betitelt werden? Nicht zufällig bevorzugen es Rechtsextreme, Rassistinnen und Homophobe, sich selbst als »nicht rassistisch, aber…«, »nicht homophob, aber…« und »nicht minderheitenfeindlich, aber…« zu bezeichnen.

    Da werfe den ersten Stein, wer an Antifaschist Galateos Stelle nicht sofort die SLAPP-Klage zücken würde, um unliebsame Stimmen mundtot zu machen. Manchmal reicht ja auch schon die Drohung. Und genauso, wie man eine politikwissenschaftlich korrekte Einordnung wegprozessiert, kann man ja dann vielleicht auch gleich den menschgemachten Klimawandel, eine Pandemie oder andere wissenschaftliche Erkenntnisse wegslappen. Fürwahr, da stehen uns — dank SVP — spannende Jahre bevor!

    Cëla enghe: 01 02 03 04



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  • FdI will Laufzeit von Dekreten verlängern.
    Autoritärer Umbau

    Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, versucht die rechtsrechte Regierungsmehrheit in Italien gerade, die Frist zur Umwandlung von Notverordnungen (Dekreten) um die Hälfte zu verlängern. Diese Reform wird zeitgleich mit jener zur Aufwertung der Rolle der Regierungschefin vorangetrieben und hat einen klar autoritären Beigeschmack. Dekrete gestatten es der Exekutivgewalt, sich in dringenden Not- und Krisenfällen über die Legislative hinwegzusetzen, wobei letztere in der Regel 60 Tage Zeit hat, die Maßnahmen zu prüfen und sie gegebenenfalls zu genehmigen. Oder aufzuheben. Historisch haben autoritäre Regimes, einschließlich des faschistischen und des nationalsozialistischen im vergangenen Jahrhundert, das Instrument der Notverordnung systematisch missbraucht, um ohne Einmischung der Parlamente weitreichende und folgenschwere Entscheidungen zu fassen.

    In Deutschland gibt es die Notverordnung aus diesem Grund heute gar nicht mehr. Anders in Italien, wo Dekrete zum politischen Tagesgeschäft zählen und — wortwörtlich — ohne Not erlassen werden. Schon jetzt zählt die Regierung von Giorgia Meloni (FdI) zu jenen, die die meisten Notverordnungen pro Monat erlassen haben, sodass das Parlament mit ihrer Überprüfung kaum hinterher kommt. Anstatt daraus den Schluss zu ziehen, dass der Missbrauch dieser für Notfälle gedachten Maßnahme reduziert werden sollte, will die Mehrheit die Unwandlungsfrist von heute 60 Tagen um 50% auf 90 Tage verlängern. Oppositionsparteien fürchten, dass sich die Debatten dann noch weiter in die Länge ziehen werden und das Parlament noch mehr Zeit als ohnehin schon mit der Prüfung von Notverordnungen verbringen könnte. Für die eigentliche parlamentarische Arbeit bliebe dann noch weniger Zeit.

    Das wäre durchaus im Interesse der Rechten, denen die Exekutive nicht stark genug sein kann und die die Parlamente oft als überflüssige Debattierclubs empfinden. Gemeinsam mit der geplanten Aufwertung der Regierungschefin wäre die Laufzeitverlängerung von Notverordnungen ein klarer Schritt in Richtung des autoritären Umbaus der staatlichen Grundordnung.

    Cëla enghe: 01 02 || 01



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  • Was wurde eigentlich aus… der Vollautonomie?
    Offenes Eingeständnis des Scheiterns der SVP

    Konsequent gehen wir den erfolgreichen Weg der Autonomie hin zur Vollautonomie weiter.

    aus dem SVP-Wahlprogramm 2013 “Gutes bewahren. Neues wagen.”

    Wer kann sich noch an das Jahr 2013 erinnern? Es war das Jahr der Vollautonomie. Sowohl bei den Parlamentswahlen als auch bei den Landtagswahlen propagierte die SVP dieses Konzept, das genaugenommen eine weitreichende, innerstaatliche Teilautonomie beschreibt. Es war wohl eine Reaktion auf die damalige freiheitliche Idee des “Freistaates” (vulgo unabhängiger, souveräner Staat) und der STF-Forderung nach Selbstbestimmung. Auch im Wahlprogramm 2018 “Stabil. Stark. Südtirol!” findet sich ein Verweis auf dieses Ziel:

    Um Südtirol politisch, kulturell, wirtschaftlich und sozial eine dynamische Weiterentwicklung, vor allem auch im Interesse der Jugend zu ermöglichen, soll die Autonomie unseres Landes zu einer Vollautonomie ausgebaut werden.

    Durchsucht man jedoch das Wahlprogramm 2023 “Arbeiten für Südtirol”, so findet man das Wort “Vollautonomie” genau 0 mal. Versenkt. Stattdessen wird nun die mögliche Koalition mit den postfaschistischen FdI einzig und allein damit gerechtfertigt, dass dadurch in den vergangenen Jahr(zehnt)en verlorengegangene Kompetenzen zurückgeholt werden könnten. Aha? Heißt das also, dass in den letzten zehn Jahren statt dem vollmundig in zwei Wahlprogrammen versprochenen Ausbau der Autonomie hin zur Vollautonomie das Gegenteil stattgefunden hat? Oder wie darf man das sonst verstehen?

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 07 08 09



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