Autorinnen und Gastbeiträge →

  • Allianz diskriminiert Galicisch.

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    Erst im November hatte ein Gericht in O Porriño zugunsten eines galicischen Unternehmers geurteilt, der von der Allianz-Versicherung sämtliche Unterlagen zu seiner Police in galicischer Sprache verlangt hatte. Anders als in Südtirol, wo dies nur für Pflichtversicherungen gilt (und selbst dort vielfach nicht eingehalten wird), sieht das spanische Gesetz vor, dass Versicherungsnehmende grundsätzlich das Recht haben, zwischen den offiziellen Sprachen (Baskisch, Galicisch, Kastilisch, Katalanisch) zu wählen.

    Wenige Wochen, nachdem das Urteil ergangen war, erreichte den Unternehmer nun jedoch ein Schreiben der Versicherungsgesellschaft, mit dem sie ihn — ohne weitere Nennung von Gründen — über die einseitige Vertragskündigung informierte.

    Die zivilgesellschaftliche Vereinigung A Mesa pola Normalización Lingüística, die sich für die Durchsetzung der Rechte von Galicischsprechenden einsetzt und den Kläger gegen Allianz unterstützt hatte, kritisierte das Vorgehen der Versicherungsgesellschaft scharf. Jahrzehnte nach Einführung des Rechts auf freie Sprachwahl in diesem Bereich (1980) sei ein derartiger Vorfall inakzeptabel. Die Botschaft von Allianz sei klar: »An Kundinnen, die ihre verbrieften Rechte kennen und deren Einhaltung fordern, sind wir nicht interessiert.«

    Aufgrund des gerichtlichen Präzedenzfalls kündigte A Mesa jedoch gleichzeitig an, noch vor Jahresende weitere Aktionen gegen Versicherungsgesellschaften einzuleiten, die die Sprachrechte der Galicierinnen missachten.

    Siehe auch: 01



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  • Lernstandserhebung Deutsch 2021/2022.

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    Die vor wenigen Tagen veröffentlichten Ergebnisse der Lernstandserhebungen (2021/22) haben für Schlagzeilen gesorgt. Der fast einhellige Tenor war, dass die Schülerinnen an deutschsprachigen Schulen in Englisch »spitze« (TAZ), in Deutsch und Italienisch aber mies seien.

    Laut Südtirolbeilage des Corriere vom 15. Dezember (Titelseite) soll das angeblich schlechte Abschneiden in Deutsch auf den Dialekt zurückzuführen sein.1Originaltitel: »Effetto dialetto: scuole sudtirolesi male in tedesco«

    Um der Sache auf den Grund zu gehen, habe ich mir die Mühe gemacht, den 161 Seiten umfassenden Bericht zu lesen — und möchte hier zunächst kurz auf die Ergebnisse zur Erstsprache Deutsch eingehen.

    Die Deutschkenntnisse der Schülerinnen an Südtirols deutschsprachigen Schulen wurden 2021/22 nur in den ersten und in den dritten Klassen der Mittelschule erhoben. Ab dem laufenden Schuljahr 2022/23 soll dann auch ein Test in der Maturaklasse dazukommen.

    Ich werde mich hier in erster Linie auf die Ergebnisse der dritten Klasse Mittelschule (Bericht S. 53ff.) konzentrieren, weil sie — im Unterschied zu jenen der ersten Klasse (S. 45ff.) — mit Bezug auf die Kompetenzstufen K1 bis K5 des Invalsi2Italienisches Institut für die Evaluation des Bildungssystems für die Erstsprache Italienisch durchgeführt wurden.

    Ergebnisse

    Die sogenannte Lösungshäufigkeit bei dem Test betrug 62,73%, wobei 71,5% der Teilnehmenden die Kompetenzstufe K3 erreichten oder überschritten, die von Invalsi als Mindestanforderung »für die Bewältigung der alltäglichen Anforderungen« definiert wurde.

    Dabei gab es signifikante3im Sinne von »statistisch signifikant« Unterschiede zwischen den Geschlechtern, da zwar 78,1% der Mädchen, aber nur 65,4% der Jungen Kompetenzstufe K3 oder mehr schafften.

    Anders als bei der ersten Klasse Mittelschule wurde in diesem Fall leider nicht die zuhause gesprochene Sprache der Teilnehmenden erhoben. Dort hatte sich gezeigt, dass bei den Gesamtergebnissen der untersuchten Domänen4Leseverständnis, Hörverständnis und Sprachgebrauch diejenigen deutlich vorn lagen, die daheim nur Deutsch sprechen, der Reihe nach gefolgt von den — in Bezug auf die Familiensprache — Zweisprachigen5Deutsch und Italienisch, Italienisch- und Anderssprachigen. Wobei es zwischen den beiden letzteren keine signifikanten Unterschiede gab.

    Doch zurück zur dritten Klasse Mittelschule.

    Die durchschnittliche Lösungshäufigkeit6Die Lösungshäufigkeit ist nicht mit dem Erreichen der Kompetenzstufe K3 zu verwechseln. war bei denen, die in einem anderen Land geboren sind, deutlich niedriger (48,56%) als bei im Inland Geborenen (63,74%).

    Was tatsächlich stimmt, ist, dass im Vergleich zum Schuljahr 2020/21 die durchschnittliche Lösungshäufigkeit (von 67,36% auf 62,73%) gesunken ist.

    Dass dies jedoch auf den Dialekt zurückzuführen sein könnte, halte ich für Humbug, da es den ja auch schon in den Jahren zuvor gegeben hat.

    Ob es allerdings eine strukturelle Erstsprachenschwäche der Schülerinnen an den deutschsprachigen Schulen gibt, lässt sich so nicht sagen.

    (Etwas Gewagter) Vergleich

    Durch die Kompetenzstufen, wenn auch die für die Erstsprache Deutsch nicht eins zu eins mit denen des Invalsi für die Erstsprache Italienisch übereinstimmen mögen, ergibt sich immerhin eine gewisse Vergleichbarkeit.

    Wie erwähnt erreichten in Südtirol 71,5% der teilnehmenden Mittelschul-Drittklässlerinnen die Kompetenzstufe K3 oder höher.

    Aus dem Invalsi-Bericht für dasselbe Testjahr geht hervor, dass für die Erstsprache Italienisch in der dritten Mittelschule auf dem gesamten Staatsgebiet im Durchschnitt nur 61% der Teilnehmenden dieses Mindestniveau erreichten. In Nordwest- und Nordostitalien, die die besten makroregionalen Werte erzielten, waren es jeweils 66%.

    Die beste Region war Aosta, wo 72,4% K3 oder höher schafften, gefolgt von Umbrien mit 69,8%. Die italienischsprachige Schule in Südtirol lag gar nur bei 55,8%.

    Bezüglich der Erstsprache Deutsch lagen in Südtirol sogar 16,7% der Schülerinnen in der höchsten Kompetenzstufe K5. Das ist ein Wert, der für die Erstsprache Italienisch in keiner italienischen Region erreicht wird.

    Obwohl also die unmittelbare Vergleichbarkeit durch die unterschiedliche Erstsprache nicht gegeben ist, traue ich mich doch zu behaupten, dass das Abschneiden der deutschsprachigen Schulen diesbezüglich solide ist. Umso mehr, wenn wir die Minderheitensituation berücksichtigen.

    Serie I II

    Siehe auch: 01 02 03

    • 1
      Originaltitel: »Effetto dialetto: scuole sudtirolesi male in tedesco«
    • 2
      Italienisches Institut für die Evaluation des Bildungssystems
    • 3
      im Sinne von »statistisch signifikant«
    • 4
      Leseverständnis, Hörverständnis und Sprachgebrauch
    • 5
      Deutsch und Italienisch
    • 6
      Die Lösungshäufigkeit ist nicht mit dem Erreichen der Kompetenzstufe K3 zu verwechseln.


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  • Zwei Drittel der Minderheiten schrumpfen.
    Autonomie und Standardsprache wichtig

    Im Rahmen der Diskussion am Ende der Annual Minority Rights Lecture von Fernand de Varennes vorgestern in Bozen meldete sich aus dem Publikum auch Paul Videsott, Ladinist und Dekan der Fakultät für Bildungswissenschaften der Uni Bozen, zu Wort. Er habe die Gelegenheit gehabt, über die 360 Minderheiten in Europa zu forschen. Zwei Drittel davon seien im Laufe der letzten 30 Jahre drastisch geschrumpft. Daneben gebe es eine Gruppe von Minderheiten, über die man nichts sagen könne, da keine Daten verfügbar sind und nur 30-40 Minderheiten, die wachsen konnten.

    Wenn man sich die Rahmenbedingungen für diese 30-40 Minderheiten ansehe, verfügten sie erstens über eine spezielle (auf sie zugeschnittene) Autonomie und hätten zweitens — soweit es sich dabei um sprachliche Minderheiten handelt — eine Standardsprache.


    Das sind freilich keine hinreichenden, aber doch sehr wichtige Bedingungen für die gedeihliche Entwicklung von Minderheiten. Und deshalb wäre es auch so dringend nötig, dass die ladinische Sprachgemeinschaft in Südtirol (und darüber hinaus) Möglichkeiten zur Selbstverwaltung bekommt und dass ihre Standardsprache endlich ernstgenommen, politisch anerkannt und angewandt wird.

    Der UN-Sonderberichterstatter bat Videsott um Übermittlung seiner Forschungsergebnisse.

    Siehe auch: 01 02 03 || 01



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  • Mameli und die Liefergebühren.

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    Wer die (blutrünstige, antiösterreichische) Nationalhymne von Italien vorsingt, wird beim Sofahändler poltronesofà am Freitag mit dem Nachlass der Liefergebühr belohnt. Auch in Südtirol.

    Dass inzwischen gefühlt jedes zweite italienische Produkt — vom Klopapier über die Nudel bis zur Socke — eine grünweißrote Flagge auf der Verpackung braucht, weil es sonst offenbar unverkäuflich wäre, ist irritierend genug. Die Aktion des Sitzmöbelhauses setzt nun aber einen neuen Maßstab.

    Ist die italienische Bevölkerung, unabhängig von der politischen Gesinnung, tatsächlich durch die Bank so nationalistisch gesinnt, dass ein Unternehmen von einer derart dummen und zumindest hierzulande auch deplatzierten, beleidigenden Initiative keine Einbußen, sondern womöglich noch wachsende Sympathiewerte erwarten kann?

    Siehe auch: 01 02 03 04 05



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  • Pro Femina in Südtirol.

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    Laut UT24 hat der deutsche Beratungsverein für »Schwangere in Not« Pro Femina seinen Hauptsitz von Heidelberg nach Bozen verlegt. In Deutschland seien die Büros der Organisation des Öfteren von Linksextremistinnen attackiert, »Scheiben eingeschlagen, Hundekot in den Briefkasten gesetzt und weiteres Ungemach veranstaltet« worden. Als dann eine Regierungspartei in Berlin den habe »verbieten« wollen, sei der Hauptsitz nach Südtirol verlegt worden.

    Tatsächlich gibt Pro Femina im Impressum eine Anschrift in der Altstadt von Bozen sowie eine Eintragungsnummer der Südtiroler Handelskammer an. Das Spendenkonto liegt bei der hiesigen Sparkasse.

    Worum geht es? Das fundamental christliche »Sozialunternehmen« mit beschränkter Haftung, das auch unter dem Aktionsnamen 1000plus auftritt, ist seit Jahren darauf spezialisiert, Frauen »im Schwangerschaftskonflikt« vor allem online und telefonisch zu »beraten«, und zwar so, dass ein Schwangerschaftsabbruch möglichst abgewendet werden kann. Der Fokus soll dabei folgerichtig nicht auf dem Wohl der Beratenen und schon gar nicht auf einer selbstbestimmten Entscheidung liegen, sondern auf dem sogenannten »Lebensschutz«1gemeint ist das ungeborene Leben und nicht jenes der Schwangeren — wofür mit zulässigen, aber auch mit unlauteren Methoden am Rande der Legalität gearbeitet wird.

    Das fängt schon beim Namen an: der sei laut Kritikerinnen so gewählt, dass er leicht mit dem etablierten Beratungsangebot von Pro Familia verwechselt werden kann. Das Original sah sich mehrfach dazu veranlasst, vor Verwechslungen zu warnen. Denn im Unterschied zu Pro Familia berät Pro Femina nicht ergebnisoffen und stellt auch keine — in Deutschland für einen Schwangerschaftsabbruch nötigen — Beratungsscheine aus. Aufgrund dieser Tatsache, auf die meist nur am Rande (bzw. im Kleingedruckten) hingewiesen wird, verlieren Betroffene oft wertvolle Zeit und können so die gesetzliche Frist für eine Abtreibung verpassen. Zudem sollen Frauen bei der Beratung übereinstimmenden Berichten zufolge psychisch unter Druck gesetzt, manipuliert und bewusst getäuscht werden, damit sie einen gewollten Abbruch nicht durchführen lassen. Sogar Geld werde ihnen angeboten, wenn sie die Schwangerschaft fortsetzen.

    Bei weitem nicht nur Linksextreme sehen das Gebaren von Pro Femina äußerst kritisch. Die SPD hatte sich für eine Schließung der Berliner Büros starkgemacht. Sowohl Hessen als auch das nicht unter Linksextremismusverdacht stehende Bayern prüfen, dem Verein zumindest die Verwendung des Begriffs »Schwangerenkonfliktberatung« zu untersagen; und auch das (ehemalige) Heimatbundesland von Pro Femina, Baden-Württemberg, überlegt rechtliche Schritte.

    Sogar katholische Bistümer wie jene von Augsburg, Speyer oder Freiburg i. B. haben Aktionen der umstrittenen »Lebensschützerinnen« verboten — und ihre Pfarreien vor einer Zusammenarbeit mit der Organisation gewarnt.

    Der Pro-Femina-Vorsitzende Kristijan Aufiero wird mit der irreführenden und polarisierenden Aussage zitiert:

    Die Massenabtreibung in Deutschland ist ein Phänomen der massenhaft unterlassenen Hilfeleistung.

    Jetzt versucht er sein Glück in Südtirol — im politischen Asyl, wie es auf UT24 heißt.

    Siehe auch: 01

    • 1
      gemeint ist das ungeborene Leben und nicht jenes der Schwangeren


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  • Immer mehr Schottinnen für die Unabhängigkeit.

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    Seit der Oberste Gerichtshof festgestellt hat, dass Schottland nicht befugt ist, ohne Zustimmung aus London ein Unabhängigkeitsreferendum abzuhalten, zeigen alle einschlägigen Umfragen konsistent einen deutlichen Schub zugunsten der Eigenstaatlichkeit des Landes.

    Eine Befragung von Redfield & Wilton Strategies, die am 26. und 27. November durchgeführt wurde, ergab zunächst, dass 49% der Schottinnen für und 45% gegen die Unabhängighängigkeit stimmen würden, während 5% unentschlossen waren.

    Der Entscheid des Supreme Court war kurz zuvor (am 23. November) gefallen.

    Das Ipsos-Institut veröffentlichte eine weitere Umfrage, die zwischen dem 28. November und dem 5. Dezember durchgeführt wurde. Demzufolge sollen sich sogar 53% für die staatliche Unabhängigkeit Schottlands und nur 42% dagegen aussprechen, 4% konnten sich nicht entscheiden. Ganze 11 Prozentpunkte liegen demnach zwischen Befürworter- und Gegnerinnen.

    Einer Umfrage von FindOutNow (1.-8. Dezember) zufolge würden sich hingegen 51% für und 43% gegen die Souveränität des Landes entscheiden, während 6% unentschlossen waren.

    Die Ergebnisse von Ipsos und FindOutNow sind nun so, dass die Unabhängigkeitsbefürworterinnen selbst dann noch in der Mehrheit wären, wenn sich alle Unentschlossenen letztendlich für den Verbleib entscheiden würden.

    Dabei hatte die Unabhängigkeitsoption in fünf der sechs seit dem Tod von Königin Elizabeth II und vor dem Entscheid des Obersten Gerichtshofs durchgeführten Umfragen keine Mehrheit mehr verzeichnen lassen.

    Eine am Tag des Supreme-Court-Urteils durchgeführte Umfrage von FindOutNow kam ferner zum Ergebnis, dass bei einem sogenannten De-facto-Referendum (oder Plebiszit), wie es Regierungschefin Nicola Sturgeon (SNP) angekündigt hat, 50% der Schottinnen die SNP wählen würden, 33% nicht und 16% noch nicht entschieden haben. In diesem Fall wäre eine Stimme für die Partei von Sturgeon (aber auch für die Grünen) als Unterstützung für die Eigenstaatlichkeit zu werten.

    Im Rahmen der bereits erwähnten Ipsos-Umfrage (28. November – 5. Dezember) wurde gefragt, welche Parteien die Schottinnen im Falle eines Plebiszits wählen würden. Dabei gaben sogar 53% die SNP an, 2% die Grünen. Labour (24%), Konservative (13%) und Liberaldemokraten (6%) folgen weit abgeschlagen.


    Allein im Jahr 2022 wurden in Schottland übrigens (mindestens) 24 Umfragen zum Thema der staatlichen Unabhängigkeit durchgeführt, meist im Auftrag der Medien. In Südtirol müsste es nicht ganz so oft sein — mir wäre aber keine einzige bekannt. Offenbar ist das Thema bei uns weiterhin mit einer Art Tabu belegt.

    Siehe auch: 01 02



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  • Klimakatastrophe im Bozner Gemeinderat.

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    Der Gemeinderat der Landeshauptstadt — jener Stadt in Südtirol, deren Politik sich häufig als dem restlichen Land (= nichts weiter als eine »Peripherie« von Bozen) gesellschaftlich und kulturell weit überlegen darstellt — hat beim Thema Klimakrise eine bedauerliche Figur abgegeben.

    Vor wenigen Tagen war Glaziologe und Klimaforscher Georg Kaser eingeladen, für die Mitglieder des Stadtparlaments einen Vortrag zu halten. Die anschließenden Stellungnahmen mehrerer gewählter Vertreterinnen waren nicht nur peinlich, sondern angesichts des Ernsts der Lage geradezu beängstigend.

    Alessandro Forrest von der faschistoiden FdI, die seit einigen Wochen diesen Staat regiert, gab tatsächlich zu bedenken, dass auch die Maya den Weltuntergang vorhergesagt hätten und sich auch dies als falsch erwiesen habe. Mal davon abgesehen, dass das mit den Maya gar nicht stimmt, ist es unfassbar, wie salopp hier ein Politiker im Jahr 2022 wissenschaftliche Erkenntnisse mit dem simplen Verweis auf eine angebliche Fehleinschätzung vor Jahrhunderten ins Reich der Quacksalberei verbannen möchte.

    Forrests Parteikollegin und Gesinnungsgenossin Anna Scarafoni berief sich für ihr Klimaleugnertum gar auf einen Wissenschafter wie Nobelpreisträger Claudio Rubbia. Der habe gesagt, dass eine Verringerung des CO2-Ausstoßes keine positiven Auswirkungen auf das Klima hätte. Dies stimmt so erstens gar nicht, obwohl es Rechte in Italien und weltweit gerne so auslegen, und zweitens ist Rubbia zwar ein Wissenschafter, aber kein Klimaforscher.

    Am schockierendsten fand ich aber, dass sich mit Silvano Baratta auch ein Mitglied des PD (und somit der Ratsmehrheit) an der Relativierung der Klimakrise beteiligte, und das auch noch mit einem inhärent rassistischen Argument. Er grenzte das Problem nämlich im Großen und Ganzen auf die Überbevölkerung in sogenannten Entwicklungsländern ein und schob somit die Hauptverantwortung für die Lösung des Problems dorthin. Dabei kann die Demographie als für die Klimakrise marginal betrachtet werden, nicht nur weil das weltweite Bevölkerungswachstum bereits abnimmt, sondern insbesondere auch, weil die damit konfrontierten Kontinente kaum zur Erderwärmung beitragen. Die reichen Industrieländer tragen bei weitem die größte Schuld an der Klimakatastrophe und haben demnach auch die breitesten Spielräume zur Senkung des Ausstoßes.

    Klimaaktivistinnen, die die Gemeinderatssitzung mit dem Vortrag von Georg Kaser mitverfolgt hatten, kritisierten die bestürzenden Stellungnahmen zu Recht und forderten die drei Gemeinderatsmitglieder — zwar nicht direkt, aber doch — zum Rücktritt auf. Dem kann man sich wohl nur anschließen.

    Siehe auch: 01 02 03



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