→→ Autorinnen →→ Gastbeiträge →→

  • Italien feiert 80 Jahre Schlacht von El Alamein.

    Die Schlacht von El Alamein, wo Nazis und Faschisten gemeinsam kämpfend vom britischen Heer geschlagen wurden, jährt sich am 26. Oktober zum 80. Mal. Die italienischen Streitkräfte ließen sich auch heuer die Gelegenheit nicht entgehen, den Anlass zu feiern — und zwar wie immer (01 02) nicht etwa die Tatsache, dass die Heere der beiden totalitären Regimes in die Knie gezwungen wurden, sondern dass die italienischen Faschisten angeblich mit großem Heldenmut und vorbildlicher Hingabe gekämpft haben sollen.

    Zum runden Anlass hatte diesmal die Fallschirmspringereinheit Folgore aus Pisa den Oberschulen der gesamten Provinz sogar den Vorschlag unterbreitet, Militärs in den Schulklassen einen Vortrag über die angeblichen Heldentaten des faschistischen Kolonialheeres halten zu lassen. Zudem waren die Schülerinnen im Rahmen eines Open day in die Gamerra-Kaserne geladen, wo ihnen militärische »Tugenden« wie Pflichtbewusstsein, Opferbereitschaft und Zusammengehörigkeitsgefühl nähergebracht werden sollten — die es den Angehörigen der damaligen Folgore ermöglichten, ihr Leben für zwei totalitäre, menschenfeindliche Regimes zu opfern.

    Medienberichten zufolge beteiligten sich mehrere Schulen an dem Projekt.

    Offiziell präsentiert wurde zum 80. Jubiläum aber auch das vom Heeresverlagshaus herausgegebene Comic Mancò la Fortuna non il valore – Eroismo italiano nel deserto egiziano di El Alamein1Es fehlte das Glück, nicht die Tapferkeit – Italienischer Heldenmut in der ägyptischen Wüste von El Alamein, dessen Titel bereits von den völlig inexistenten Anstrengungen zu einer wie auch immer gearteten kritischen Geschichtsaufarbeitung kündet.

    Dazu passt die Aussage von Armeekorpsgeneral Salvatore Camporeale im Rahmen der offiziellen Feierlichkeiten, wonach

    Inspiration und Vorbild, die die heutigen Fallschirmspringer nachahmen müssen, um ein Höchstmaß an Effizienz, Organisationsfähigkeit und Professionalität zu erlangen, in den Taten verborgen liegen, die im Sand von El Alamein vollbracht wurden, wo tausende Männer bis zur äußersten Opferbereitschaft, mit beharrlichem und heroischem Widerstand, zahlenmäßig und technologisch überlegenen Kräften entgegentraten.

    — Armeekorpsgeneral Salvatore Camporeale

    Übersetzung von mir (Original anzeigen)

    L’ispirazione e l’esempio che i paracadutisti di oggi debbono seguire per raggiungere il più elevato grado di efficienza, organizzazione e professionalità si possano individuare nelle gesta compiute tra le sabbie di El Alamein, dove migliaia di uomini si sono opposti fino all’estremo sacrificio, con una caparbia ed eroica resistenza a forze numericamente e tecnologicamente soverchianti.

    – Generale di Corpo d’armata Salvatore Camporeale

    Dies ist der fruchtbare institutionelle Boden, auf dem der italienische Neofaschismus so prächtig wächst und gedeiht.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 || 01 02 03 04

    • 1
      Es fehlte das Glück, nicht die Tapferkeit – Italienischer Heldenmut in der ägyptischen Wüste von El Alamein


    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Unterbergers sprachliche Unterordnung.

    Der nationalistische Druck intoleranter italienischer Journalistinnen (01 02) hat letztendlich seine Wirkung nicht verfehlt: Wie die TAZ berichtet, hat sich Senatorin Julia Unterberger (SVP) am Ende der Beratungen mit Staatspräsident Sergio Mattarella diesmal bewusst zuerst auf Italienisch und erst dann auf Deutsch an die Medienvertreterinnen gewandt, »um Polemiken zu vermeiden.« Also vorauseilend, und das zu einem Zeitpunkt, da Italien eine rechtsextreme Regierung bekommt.

    Andererseits — und diesen Seitenhieb kann ich mir an dieser Stelle leider nicht verkneifen — müssen wir ja schon froh sein, dass es Unterberger überhaupt für nötig hält, sich in Rom auch auf Deutsch an die Medien zu wenden. Andere Vertreterinnen ihrer Partei, wie der Vizebürgermeister der Landeshauptstadt, finden das ja inzwischen schon in Bozen überflüssig.

    Cëla enghe: 01 02 || 01 02 03 04 05 06 07



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Mussolini in der Ehrengalerie.

    Das italienische Ministerium für Wirtschaftsentwicklung feiert heuer das 90jährige Bestehen des Gebäudes, in dem es untergebracht ist. Palazzo Piacentini wurde nach Plänen des Architekten Marcello Piacentini (der unter anderem das Bozner Siegesdenkmal geplant hatte) errichtet und am 30. November 1932 als Sitz des faschistischen Korporationsministeriums eröffnet.

    Italien 2022

    Aus diesem Anlass gab das von Giancarlo Giorgetti (Lega) unter Ministerpräsident Mario Draghi geführte Ministerium ein Buch heraus — und ließ in den Räumlichkeiten des Palazzo eine Ausstellung und eine Ehrengalerie mit sämtlichen Ministern seit 1932 einrichten. Allen voran: natürlich Diktator Benito Mussolini, was läge näher?

    Dagegen wehrte sich einer seiner Nachfolger, Pier Luigi Bersani vom PD, indem er die Entfernung seines eigenen Fotos aus der Galerie verlangte, da er nicht in einer Reihe mit Mussolini erscheinen wolle.

    Minister Giorgetti reagierte verständnislos und verwies darauf, dass ein Porträt des Diktators auch am Sitz des Regierungschefs, dem Chigi-Palast hänge und dass Mussolini nun einmal der erste Korporationsminister war. Schlussendlich lenkte das Ministerium jedoch ein und kündigte an, das Porträt des Faschistenführers wieder zu entfernen, um Polemiken und Instrumentalisierungen zu unterbinden — nicht etwa, weil man den Fehler eingesehen hat.

    Senatspräsident Ignazio Benito La Russa (FdI) bezeichnete den Rückzieher als Ausdruck der Cancel culture.

    Was mit dem Porträt im Chigi-Palast passieren wird, ist indes ungeklärt. Offenbar hatten damit schon die bisherigen Regierungschefs kein Problem, dann wird sich wohl auch eine etwaige Ministerpräsidentin Giorgia Meloni (FdI) nicht daran stören.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 || 01 02 03



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Sport und Minderheitensprache.

    Wenn sich ein Südtiroler Spitzensportler deutscher Muttersprache öffentlich so an einen anderen Südtiroler Spitzensportler deutscher Muttersprache wendet…

    Ausschnitt Facebook-Eintrag Jannik Sinner

    …was ist da — nicht zuletzt angesichts der (auch sprachlichen) Vorbildfunktion, die der Sport hat — genau schief gelaufen?

    Natürlich spricht jede/r in der Sprache, die er/sie bevorzugt. Mir geht es aber ganz ausdrücklich nicht darum, jemandem vorzuschreiben, wie er/sie zu sprechen hat, sondern diese doch unnatürliche Sprachwahl zu konstatieren und zu hinterfragen.

    Es gibt hier offenbar — auch angesichts der Tatsache, dass das keineswegs ein Einzelfall, sondern einigermaßen repräsentativ ist — einerseits ein sprachliches »Machtgefälle« (vgl. 01 02 03) und andererseits wohl auch Mutlosigkeit. Oder, was noch schlimmer wäre: Desinteresse.

    Wir können uns eine ganz einfache Frage stellen: Würden sich Sportlerinnen auch dazu veranlasst sehen, einseitig auf ihre Muttersprache zu verzichten, wenn sie statt für den Nationalstaat für ein mehrsprachiges Südtiroler Team (vgl.) antreten würden?

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 || 01



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Distanzierung vom Antifaschismus.
    Italien

    In Rom hat die antifaschistische Zivilgesellschaft auf die Wahl von Ignazio Benito La Russa (FdI) zum Senatspräsidenten reagiert.

    So haben Unbekannte die Botschaft »I. La Russa – Garbatella verabscheut dich – – Antifa«1Übersetzung von mir. Original: »I. La Russa – Garbatella ti schifa – ★ – Antifa« auf den Rollladen des FdI-Büros im Stadtviertel Garbatella gesprüht. In denselben Räumlichkeiten hatte sich früher der MSI-Sitz befunden, in dem Parteichefin Giorgia Meloni ihre ersten politischen Gehversuche als Mussoliniverehrerin machte.

    Auf einem Banner, der in der Nähe des Kolosseums aufghängt wurde, war hingegen »Willkommen Präsident La Russa – Der Widerstand geht weiter!«2Übersetzung von mir. Original: »Benvenuto presidente La Russa – La resistenza continua!« zu lesen, wobei die Antifa-Gruppe Cambiare Rotta darauf den Namen des Senatsvorsitzenden kopfüber geschrieben hat.

    Der fünfzackige Stern in der Garbatella wurde von Medien und Ermittlerinnen unter anderem als Symbol der Roten Brigaden interpretiert — und somit die Botschaft als potenzielle Gewaltandrohung eingeordnet. Warum ist mir ehrlich gesagt schleierhaft, da unter dem Stern ausdrücklich »Antifa« (und nicht etwa »B.R.«) steht. Der fünfzackige Stern, der übrigens auch im -Logo enthalten ist, gilt als Symbol der Linken und der Internationalistinnen, bisweilen auch als Symbol von (linken) Unabhängigkeitsbefürworterinnen.

    Dass der Name von La Russa auf dem Transparent von Cambiare Rotta verkehrt herum geschrieben wurde, ist eine verbreitete Art, auf das Ende des Faschismus (mit dem kopfüber an einer Tankstellenüberdachung baumelnden Benito Mussolini) anzudeuten.

    Die parlamentarische Linke (oder was von manchen dafür gehalten wird), einschließlich PD-Chef Enrico Letta, ließ die Gelegenheit, sich ungebeten vom Antifaschismus zu distanzieren und Ignazio La Russa ihre Solidarität auszusprechen, nicht ungenutzt verstreichen. Als ob der lahme Widerstand dies erfordert hätte. Mit der Abgrenzung von Nationalismus und Faschismus tun sich dieselben Akteure erfahrungsgemäß leider etwas schwerer.

    Cëla enghe: 01 02 03 || 01 02 03

    • 1
      Übersetzung von mir. Original: »I. La Russa – Garbatella ti schifa – ★ – Antifa«
    • 2
      Übersetzung von mir. Original: »Benvenuto presidente La Russa – La resistenza continua!«


    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Politische Bildung: Marsch auf Rom.
    Veranstaltungshinweis

    Unter dem Titel

    Der “Marsch auf Rom” – damals und heute

    findet am 27. Oktober von 17.00 bis 19.00 Uhr via Zoom eine Onlineveranstaltung der Bundeszentrale für Politische Bildung statt.

    Es sprechen und diskutieren:

    • Prof. Dr. Aram Mattioli von der Univeristät Luzern. Er ist unter anderem Autor des Buches »Viva Mussolini!« Die Aufwertung des Faschismus im Italien Berlusconis.
    • Jörg Seisselberg, ARD-Studio Rom.
    • Die Journalistin und Publizistin Birgit Schönau moderiert.

    Vor 100 Jahren marschierte Benito Mussolini mit seinen sogenannten Schwarzhemden auf Rom zu – die Regierung trat zurück und an ihre Stelle trat der gebürtige Norditaliener als faschistischer Führer und Diktator. Bis heute erinnern an vielen Orten im Land Denkmäler an seine Herrschaft, die Gewalt und Tod mit sich brachte, jedoch noch immer verklärt wird. Und alljährlich kommen seine alten und jungen Anhänger an seinem Geburtsort zusammen, um seiner zu gedenken.

    Politisch übernahmen nach seinem Tod 1945 neue Akteure sein Erbe – in jüngerer Vergangenheit nicht nur seine Enkelinnen Alessandra und Rachele Mussolini, sondern auch die Partei Fratelli d’Italia.

    Die einhundertste Jahrung ist Anlass, auf das faschistische Italien zurückzublicken und zu fragen, wie das Erbe Benito Mussolinis und seiner “Schwarzhemden” bis heute überdauert.

    – aus der offiziellen Ankündigung

    Hier geht es zur Anmeldung für die kostenfreie Veranstaltung.



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Mangelnde Dialogbereitschaft mit Rechtsextremen.

    Der Soziologe Luca Fazzi, Professor an den Unis von Trient und Bozen, nimmt in seiner Kolumne im 5SB-nahen Fatto Quotidiano den neuen Kammerpräsidenten Lorenzo Fontana (Lega) in Schutz. Die Progressiven hätten eine merkwürdige Auffassung von Demokratie, so der ehemalige TK-Kandidat, wenn sie das Profil des Rechtsextremisten nicht goutierten.

    Seine unverhohlene auch ideologische Nähe zu Neonazis, seine Verachtung für alle Familienformen außerhalb der »traditionellen«, die er als Abscheulichkeit bezeichnet, sein offen zur Schau getragener Rassismus sollten Fontana eigentlich für sämtliche Demokratinnen links und rechts der Mitte völlig untragbar machen — doch für Fazzi zählt nur, dass der neue Kammerpräsident (dank Giuseppe Conte) Erfahrung als Minister und drei Studienabschlüsse hat.

    Zudem fragt er sich, warum das Antidiskriminierungsgesetz (sog. Zan-Gesetz) gut und die Vorliebe für die traditionelle Familie schlecht sein soll. Zwischen Schutz vor Diskriminierung und offener, teils gewaltsamer Anfeindung sieht er also keinen nennenswerten Unterschied. Beides sei berechtigt und müsse in einer Demokratie ausverhandelt werden. Als ob.

    Den »sogenannten Demokraten« spricht der Soziologe mangelnde Dialogbereitschaft ab, weil sie keine Kompromisse mit mehr oder minder verkappten Demokratiefeinden eingehen wollen. Eher ist in Italien wohl das Gegenteil der Fall, man hat sie viel zu lange gewähren lassen und wird es wohl auch weiterhin tun.

    Fazzi versteht nicht — oder will nicht verstehen — warum sich die einen (die Demokratinnen) den anderen (den Faschistinnen) moralisch überlegen fühlen. In dieser für ihn nicht nachvollziehbaren Auffassung von Demokratie sieht er den Grund für die Niederlage der Progressiven bei den jüngsten Wahlen. Dann wissen wir ja was zu tun ist: Demokratinnen und Antidemokraten, Faschistinnen und Antifaschisten endlich gleichermaßen achten und ernstnehmen, das ist das Erfolgsrezept.

    Wenn jemand verstehen will, wie es in Italien wieder so weit kommen konnte: Der Beitrag von Fazzi ist ein gutes Anschauungsbeispiel für den unerlässlichen Beitrag von »Liberalen« zur Reinwaschung der Faschisten.

    Cëla enghe: 01 02 03 04



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.

You are now leaving BBD

BBD provides links to web sites of other organizations in order to provide visitors with certain information. A link does not constitute an endorsement of content, viewpoint, policies, products or services of that web site. Once you link to another web site not maintained by BBD, you are subject to the terms and conditions of that web site, including but not limited to its privacy policy.

You will be redirected to

Click the link above to continue or CANCEL