→→ Autorinnen →→ Gastbeiträge →→

  • Finanzielle Einigung mit dem Staat.

    Erst kürzlich hatte Verfassungsexperte Roberto Toniatti die Folgen des Finanzabkommens von 2014 auf die aktuelle Lage kritisiert: während der Staat dazu übergegangen sei, massiv Geld auszugeben, müssten Südtirol und das Trentino nach wie vor hohe Beträge nach Rom überweisen, die eigentlich als Beitrag zur Schuldentilgung gedacht wären.

    Nur wenige Tage später verkünden LH Arno Kompatscher (SVP) und sein Trentiner Amtskollege Maurizio Fugatti (Lega) nun einen Durchbruch.

    Demnach wird der Beitrag der Länder von bislang 905 Mio. um 20% auf 713 Mio. im Jahr gesenkt. Die Zentralregierung habe zudem eine Beteiligung an den Glücksspieleinnahmen (jährlicher Anteil derzeit rund 14 Mio.) anerkannt und werde Südtirol diesbezüglich für die Vergangenheit 100 Mio. als Einmalzahlung überweisen. Nicht zuletzt will der Staat die von der Regierung Monti zurückbehaltenen Raten zurückzahlen.

    Ich will das Verhandlungsgeschick des Landeshauptmanns gar nicht anzweifeln oder kleinreden — es hätte sicher auch schlimmer kommen können.

    Dennoch verstehe ich nicht, welchen Sinn eine Senkung der Beiträge zur Abtragung der Staatsschulden um 20% haben soll, wenn von einer Abtragung derzeit ohnehin keine Rede sein kann. Die 713 Mio. müssen Südtirol und das Trentino nach Rom schicken, obwohl dort gerade Steuern gesenkt und Gelder in großen Mengen verteilt werden. Wäre in diesem Zeitraum nicht eine vollständige Aussetzung der Zahlungen logisch gewesen, wie sie der Landeshauptmann meines Wissens ja unlängst verlangt hatte?

    Die Beteiligung an den Glücksspieleinnahmen will ich nicht bewerten, da mir dazu die Gesamtzahlen fehlen. Eigentlich sollte das Land die Statistiken im Sinne der Transparenz offenlegen.

    Laut Punkt 19 des Finanzabkommens hätte der Staat aber die von der Regierung Monti zurückbehaltenen Beträge schon seit 2019 in Raten zu 20 Mio. zurückzahlen sollen. Da es wohl frühestens 2022 dazu kommen wird, ist der Staat um drei Jahre in Verzug. Es mag also ein Erfolg sein, dass die aktuelle Regierung endlich handelt, doch während Südtirol und das Trentino ihren Verpflichtungen aus dem Pakt nachgekommen sind, war der Staat eben wieder einmal säumig.



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Sinner ist Italiener, kein Südtiroler.
    Nationalismus und Vereinnahmung

    Auch Fanpage, das italienische Onlineportal, das kürzlich die Verstrickungen von FdI und Lega mit dem Neofaschismus aufgedeckt hat, schlägt nationalistische Töne an, sobald es um einen aus Südtirol stammenden Sportler geht.

    Tennisprofi Jannik Sinner spielt derzeit beim ATP500-Turnier in Wien, nachdem er kürzlich jenes in Antwerpen für sich entschieden hatte. Dass der aus Sexten stammende Spieler in der österreichischen Hauptstadt vom Platzsprecher als Südtiroler bezeichnet wurde und seine Sitzbank — anders als die anderer italienischer Spieler — mit einem Anfeuerungsspruch in deutscher Sprache versehrn ist, findet Fanpage unangemessen.

    Obschon die Organisatoren des Wiener Turniers wissen, dass Sinner Italiener ist, halten sie ihn offenbar für einen Südtiroler Spieler und [für] deutscher Muttersprache.
    — Fanpage

    Übersetzung von mir (Original anzeigen)

    Evidentemente gli organizzatori del torneo di Vienna, pur sapendo che Sinner è italiano, lo considerano un giocatore sudtirolese e di madre lingua tedesca.

    – Fanpage

    Da versucht das Portal, einen Widerspruch zwischen italienischer Staatsbürgerschaft und Südtirol bzw. der deutschen Muttersprache zu konstruieren — was ja schließlich auch in vielen Köpfen so verankert ist: Italien → Italiener → italienisch(e Sprache). Nationalstaatliche Logik par excellence, aus der wir nicht herauskommen, als steckten wir in einem ewigen Treibsand. Und die wiederum Erwartungen und selbst erfüllende Prophezeihungen generiert, die samt und sonders in dieselbe Kerbe schlagen.

    Doch wenn es für jeden Tennisspieler so wäre, müsste man für Berrettini, der am Freitag im Viertelfinale gegen Alcaraz spielt, einen Anfeuerungsspruch in Römisch [auf die Sitzbank] schreiben.

    — Fanpage

    Übersetzung von mir (Original anzeigen)

    Ma se fosse così per ogni tennista allora bisognerebbe scrivere un incitamento in romano a Berrettini, che venerdì giocherà i quarti contro Alcaraz.

    – Fanpage

    Wenn Südtiroler Sportlerinnen international erfolgreich sind, werden sie regelmäßig auf ihre nationale Gesinnung getestet. Skiprofi Dominik Paris wurde schon dafür beschimpft, dass er einem europäischen Sportsender ein Interview in seiner Muttersprache Deutsch gegeben hat. Und Sinner hat erst gar nichts selbst dazu beigetragen, um in dieses Schlamassel zu geraten.

    Der Nationalismus ist ein verbissener Hund, der immer und immer wieder zubeißt — und gegen dessen Urinstinkt kein Kraut gewachsen ist.

    In konstitutiv mehrsprachigen Staaten wie der Schweiz oder Belgien wäre es unvorstellbar, dass etwa Sportlerinnen aus den frankophonen Landesteilen dafür gemobbt würden, dass sie ein Interview auf Französisch geben, »obwohl sie ja keine Französinnen sind!«. Doch mononationale Staaten tolerieren keine Abweichung und Diversität — und leider scheint es diesbezüglich in Italien eine besonders ablehnende Haltung zu geben.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 || 01 02 03 04 05 06



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Zanlos.

    Autor:a

    ai

    |

    0 Comentârs → on Zanlos.

    Im italienischen Senat konnten sich gestern — mit entscheidender Hilfe von Heckenschützen aus den Reihen von Mittelinks — die Rechten (FdI, FI und Lega) durchsetzen: In geheimer Abstimmung verhinderten sie den Übergang des Hauses zur Artikeldebatte bezüglich des sogenannten Zan-Entwurfs, mit dem endlich auch in Italien homo- und transphobische Diskriminierungen unter Strafe gestellt worden wären.

    Die Abgeordnetenkammer hatte den Entwurf schon vor rund einem Jahr genehmigt. Übereinstimmenden Einschätzungen zufolge ist es nun aber äußerst unwahrscheinlich, dass es noch zur Verabschiedung der Vorlage kommt, zumindest in der laufenden Legislaturperiode.

    Damit bleibt Italien auf absehbare Zeit eines von wenigen EU-Ländern ohne Gesetz gegen transhomophobe Diskriminierung. Das ist nicht nur ein abstrakter Makel im internationalen Ländervergleich, sondern bestimmt vor allem die tägliche Lebenswirklichkeit vieler Menschen — auch in Südtirol. Ihnen wird weiterhin ein wichtiges Mittel fehlen, um sich gegen Übergriffe und Benachteiligungen jeder Art zu wehren, und das ist bitter.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 || 01 02



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Doppelt so viele Unterschriften wie nötig.
    Mitbestimmungsrechte

    Vor wenigen Monaten hatte die Landtagsmehrheit beschlossen, die Mitbestimmungsrechte der Südtirolerinnen einzuschränken. Das bestätigende Referendum über einfache Landesgesetze wurde abgeschafft, das Büro für politische Bildung und Beteiligung, die Bürgerinnenräte und das Recht auf eine objektive Information geschwächt.

    Wie die Initiative für mehr Demokratie (IfmD) bekanntgibt, kamen gegen diese Eingriffe in kürzester Zeit 16.402 Unterschriften zusammen. Das sind rund doppelt so viele, wie die Mindestzahl von 8.400 — und deutlich mehr als das erklärte Ziel von 10.000, die man sammeln wollte, um wie immer der möglichen Aberkennung einzelner Unterschriften vorzubeugen.

    Dieses großartige Ergebnis kam trotz pandemiebedingt erschwerten Umständen zustande, obschon sich die Mehrheit bislang geweigert hat, die Online-Unterschriftensammlung einzuführen. Wenn man damit die Bevölkerung um ihre Rechte bringen wollte, haben dem die Südtirolerinnen eindrücklich eine Absage erteilt.

    Voraussichtlich Anfang kommenden Jahres werden alle Stimmberechtigten die Möglichkeit haben, ihre Meinung zur Beschneidung der Mitbestimmungsmöglichkeiten kundzutun.

    Cëla enghe: 01 02 03 || 01



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • ApoFarmBZ.

    Die Südtiroler Apotheken haben unter einfallsreichem Namen eine eigene App entwickeln lassen, mit der man unter anderem die geöffneten Standorte sowie ihre Adressen und Telefonnumern suchen kann. Nach und nach sollen auch weitere Dienste angeboten werden.

    Schon heute können über die App zum Beispiel auch Corona-Tests gebucht werden. Bei manchen Apotheken — so etwa bei der, wo ich mich testen lassen wollte — ist es sogar Pflicht, die Vormerkung über ApoFarm vorzunehmen.

    Leider ist es offenbar nicht gelungen, die App, wiewohl sehr spartanisch, in vollem Umfang zweisprachig zu machen. So gibt es beispielsweise die Seite mit den Benachrichtigungen nur auf Italienisch:

    Bildschirmausschnitte ApoFarmBZ

    Negativ fällt aber auch auf, dass die meisten Apotheken nur mit ihrer italienischen Bezeichnung und Adresse in den Verzeichnissen aufscheinen. So findet man zum Beispiel in Brixen keinen einzigen Standort, wenn man nicht den italienischen Ortsnamen eingibt:

    Bildschirmausschnitte ApoFarmBZ

    Spätestens wenn die App von manchen Apotheken als einzige Vormerkungsmöglichkeit für einen wesentlichen Dienst wie die Corona-Tests akzeptiert wird, sind solche Missstände gänzlich inakzeptabel.

    Ich frage mich aber grundsätzlich, ob vielen Apothekerinnen die ganz besondere Verantwortung bewusst ist, die sie in einem mehrsprachigen Land tragen, wo die meistgesprochene Sprache gleichzeitig weitgehend schutzlos dasteht. So wurde mir zum Beispiel noch nie irgendwo aktiv der Ausdruck einer deutschsprachigen Packungsbeilage angeboten, ganz egal ob eine Apotheke rappelvoll oder ob ich der einzige Kunde war.

    Nicht selten sind — besonders in der Landeshauptstadt — selbst noch die Aushänge und Infos in den Apotheken (Abstand einhalten, Angebot …, Wir bieten folgende Zusatzleistungen an etc.) nur einsprachig italienisch. Und auch bei den Webseiten zahlreicher Apotheken hapert es mit der Zweisprachigkeit gewaltig. Das Problem ist also strukturell.

    Dass Apothekerinnen in Südtirol einen Zwei-/Dreisprachigkeitsnachweis benötigen, ist nicht nur eine einmalige Zugangshürde und wurde auch nicht aus Jux eingeführt, sondern ist auf die verantwortungsvolle, hochsensible Aufgabe zurückzuführen, die dieser Beruf mit sich bringt.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 || 01 02 03 04 05



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Bozen investiert in Karsthöhlen-Revisionismus.

    Manchmal frage ich mich ja, wie es sein kann, dass noch nach dem Zweiten Weltkrieg — gar mit den Stimmen der SVP — Straßennamen wie Amba Alagi in Bozen eingeführt werden konnten, die wir jetzt nicht mehr loswerden.

    Wenn dann aber 2021 die von Mittelinks (PD, SVP, Grüne…) regierte Gemeinde wieder einmal satte 55.128 Euro für die Festigung von Geschichtsrevisionismus in die Hand nimmt — und abermals eine Gedenkstätte für die Opfer der Karsthöhlen errichten lässt —, wird mir wieder schnell einiges klar.

    Bildquelle: Gemeinde Bozen

    Das neue Werk ist natürlich dazu prädestiniert, am sogenannten Tag der Erinnerung von den zahlreichen Neofaschistinnen der Landeshauptstadt in Beschlag genommen zu werden, um ihre staatlich anerkannten Geschichtslügen zu feiern.

    Unter Bürgermeister Luigi Spagnolli war in der Landeshauptstadt bereits ein Mahnmal für Norma Cossetto errichtet worden, der zudem eine Passage gewidmet ist. Auch dort feiern Rechtsextremistinnen gerne.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 | 06 || 01 02 03



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Meran: Leichter Linksrutsch trotz Dal Medico.

    Nach geschlagener Stichwahl in Meran habe ich auf Grundlage der Ergebnisse des ersten Wahlgangs die Verteilung der Wählerstimmen auf der Rechts-Links-Achse aktualisiert, die ich nach der Gemeindewahl 2020 für die sechs einwohnerstärksten Städte erstellt hatte.

    Und so sieht das Ergebnis aus:


    Grafik zum Vergrößern anklicken

    Obschon sich diesmal ganz knapp der Mitterechtskandidat Dario Dal Medico durchsetzen konnte, sind die Meranerinnen bei der Stimmabgabe zum Gemeinderat etwas weiter nach links (oder weniger nach rechts) gerutscht als noch 2020. Diese Tatsache ist vor allem auf das gute Abschneiden der Kombiliste Grüne/Rösch (+4,1 Punkte) und den Einbruch der SVP (-3,2 Punkte) zurückzuführen.

    Im Jahr 2020 konnten Rechts (32,1%) und Mitterechts (11,7%) 43,8% der Stimmen auf sich vereinen. Mit 29,1% schnitten linke (2%) und mittelinke (27,1%) Listen bescheidener ab. Der Abstand zwischen beiden Lagern betrug 14,7 Punkte.

    Heuer kamen Rechts (28,4%) und Mitterechts (13%) auf 41,4% (-2,4 Punkte), während sich Links (1,3%) und Mittelinks (31,2%) auf 32,6% (+3,5 Punkte) verbessern konnten. Die Lager liegen noch 8,8 Punkte auseinander.

    Auch diesmal ist mir die Einordnung gewisser Listen (bspw. Enzian, Think Lady…) schwer gefallen. Für diesbezügliche Kritik und Anregungen bin ich entsprechend offen.

    Hinweis: Berücksichtigt wurde das Wahlergebnis. Durch Besonderheiten bei der Sitzzuteilung (Wahlhürde, Reste, Koalitionen…) kann die Zusammensetzung der Gemeinderäte abweichen.



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Suspendierungen: Spitäler extrem unter Druck.
    Quotation

    Im TAZInterview schlägt Ärztegewerkschafter Ivano Simioni (BSK/VSK) Alarm, weil durch die Suspendierungen als Folge der Impfpflicht Krankenhäuser und Seniorenheime unter enormen Druck geraten. Auch bei der häuslichen Pflege komme es zu Engpässen, weil viele Pflegekräfte keinen Grünen Pass hätten.

    Die Frage ist, ob die Schäden, die jetzt entstehen, weil man eine neue Corona-Welle verhindern will, am Ende nicht größer sind als die Folgeschäden der Pandemie. Ich schicke voraus, dass ich ein Impfbefürworter bin und froh wäre, wenn sich alle Personen impfen ließen. Es heißt zwar immer, die medizinischen Dringlichkeiten würden gemacht, Tatsache aber ist, dass viele geplante Sachen nicht mehr gemacht werden können. Die Betreuung der Menschen wird immer mehr in Frage gestellt. Und wir haben bereits im Verlauf dieser Pandemie gesehen, dass Menschen mit chronischen oder auch mit akuten Krankheiten nicht die Betreuung gesucht haben, was sich in vielen Fällen fatal ausgewirkt.

    — Ivano Simioni

    Die Situation sei paradox, denn man hätte derzeit dieselben Probleme wie während der Hochzeit der Pandemie, obschon die Infektionszahlen derzeit relativ gut und der Druck auf die Krankenhäuser gering seien. Die geimpften Bediensteten zahlten drauf, weil sie einem großen Arbeitsdruck ausgesetzt sind.

    Es gibt Realitäten wie Dänemark, wo es einen Impfschutz von 80 Prozent gibt und die Maßnahmen gelockert werden konnten. In Italien ist man einen anderen Weg gegangen, dort hat man die Maßnahmen verschärft, um Impfunwillige zu überzeugen. Aber viel Druck erzeugt Gegendruck. Und man hat gesehen, dass es Leute gibt, sich lieber suspendieren lassen, um nicht ihr Gesicht zu verlieren.

    – Ivano Simioni

    Das Kind wurde offenbar mit dem Bade ausgeschüttet.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 || 01



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.

You are now leaving BBD

BBD provides links to web sites of other organizations in order to provide visitors with certain information. A link does not constitute an endorsement of content, viewpoint, policies, products or services of that web site. Once you link to another web site not maintained by BBD, you are subject to the terms and conditions of that web site, including but not limited to its privacy policy.

You will be redirected to

Click the link above to continue or CANCEL